Wie soll Arbeit zukünftig gestaltet werden?
Für diejenigen die nicht dabei sein konnten am 22.10.2024, hier die wesentlichen Inhalte zum topaktuellen Thema 4-Tage Woche. Referentin war Simone Burger, Regionsgeschäftsführerin und Vorsitzende des DGB Kreisverbandes München und SPD-Stadträtin.
Die erste Frage dazu, die sich fast jeder stellt: ist eine 4-Tage Woche überhaupt möglich?
Antwort Burger: ja, aber aber die Frage ist, passt die 4-Tage Woche für alle Beschäftigten und wie wird sie umgesetzt?
In der Baubranche sei die 4-Tagewoche bereits häufig gängige Praxis.
Die Gewerkschaften kämpften immer wieder um bessere und verträglichere Arbeitszeitmodelle: 1919 wurde 8-Stunden Tag, in den 50er und 60er Jahren die 5-Tage Woche erkämpft und eingeführt. Motto "Samstags gehört Vati mir". In den 80er und 90er Jahren wurden 35 Stundenwoche in der Metallindustrie mühsam erkämpft und ebenso die 38,5 Stundenwoche. Häufig gilt aber nach wie vor die 40-Stundenwoche.
Kann die Arbeitszeit überhaupt weiter reduziert werden? Burger begründet ihr ja damit, dass wir heute produktiver sind und Arbeit heute verdichteter und oftmals anstrengender ist.
Wolfgang Lex weiß aus seiner beruflichen Erfahrung als Ingenieur außerdem: die Automatisierungstechnik steigert die Produktivität erheblich. Kollaborative Roboter, sogenannte Cobots sind stark im Trend. Diese ermöglichen die gefahrlose Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter. Arbeit ändert sich auch durch Nutzung von KI und Digitalisierung. Wegen dieser Trends ist Bildung mehr denn je wichtig, um genügend qualifiziertes Personal für die Jobs der Zukunft zu bekommen.
Lt. Burger bleibt jedoch eine deutliche Lücke, wo Jobs nicht ausreichend besetzt werden können, selbst wenn theoretisch alle Arbeitsfähigen und -willigen auf die vorhandenen offenen Jobs verteilt werden könnten. D.h. es werden noch mehr qualifizierte Leute benötigt, auch weil viele Berufe, wie z.B. Pflegeberufe und Jobs in der Gastronomie jetzt noch nicht attraktiv genug gestaltet werden können. Selbst attraktive Arbeitgeber tun sich bei einigen Berufsbildern sehr schwer, diese ausreichend zu besetzen.
Umso wichtiger wird es daher, z.B. im Handwerk attraktive Bedingungen zu schaffen, wozu nicht nur das Gehalt, sondern auch die flexible Arbeitszeit gehören.
Work-Life Balance ist das Zauberwort und spielt besonders für jüngere Leute eine größere Rolle denn je!
Es gibt 3 Modelle für die 4-Tage Woche: mit Reduzierung der Wochenarbeitsstunden.
Das 2. Modell ist ein Mischmodell z.B. wie es die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit ihrem Wahlmodell initiierte: einen Teil der erkämpften Forderung als mehr Lohn und dann eine Entscheidungsmöglichkeit für weitere Prozente entweder mehr Freizeit oder mehr Geld. Das bereits gängige Modell beinhaltet die Verteilung der Arbeit auf 4 Tage. Das führt zu einer weiteren Verdichtung der Arbeit.
Bis zu 10 Stunden täglich kann gearbeitet werden. Allerdings steigen dabei auch Fehler und Unfälle in manchen Bereichen. Das aktuelle Arbeitszeitgesetz erlaubt prinzipiell heute schon die 4-Tage Woche, gibt in §3 aber den Rahmen des Ausgleichs vor: wenn „...im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden“.
Arbeitgeberseite und einige Parteien wie z.B. die Union rufen nach längeren Arbeitszeiten. So fordert Bayerns Sozialministerin Scharf: „12 Arbeitsstunden am Tag sollen möglich sein!"
Arbeitgeberverbände fordern längere Arbeitszeiten. So Steffen Kampeter Hauptgeschäftsführer BDA: "Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit".
Die Gewerkschaften und auch die SPD sehen das anders!
Was man auch wissen muss: 2023 wurden 1,3 Milliarden Überstunden geleistet, davon 775 Millionen unbezahlt!1 Viele Jobs sind außertariflich, was zwar nach toller Bezahlung klingt, aber oft einfach nur ein billiger Trick ist, tarifliche Regelungen auszuhebeln oder zu umgehen. Daher auch die aktuellen Bemühungen um ein Tariftreuegesetz, welches aktuell als Entwurf vorliegt (seit 24.10.24).
Fazit zu diesem interessanten Themenabend mit angeregter Diskussion: Flexibilisierung der Arbeitszeit ist möglich und birgt Hoffnung und konkrete Chancen insbesondere für jüngere Arbeitnehmer*innen, die dann auch hoffentlich nicht bis 70 arbeiten müssen, denn das ist die nächste heiße Diskussion, die noch lange nicht beendet sein wird. Aus DGB Sicht unterstreicht das die Bedeutung der Gewerkschaften, denn nur mit Ihnen und wird es hier Fortschritte geben! Wer, wenn nicht die SPD setzt sich für den politischen Rahmen ein ?
Wolfgang Lex
Vorsitzender der SPD-Oberhaching